Studiengebühren in Baden-Württemberg!

AK Freie Bildung

Die grün-schwarze Landesregierung plant ab dem Wintersemester 2017/18 Studiengebühren für internationale Studierende ("Bildungsausländer*innen"[1]) in Höhe von 1500 € pro Semester und für Zweitstudierende in Höhe von 650 € pro Semester. Zusätzlich steigt damit der Verwaltungskostenbeitrag für alle Studierenden um 10 € pro Semester. Damit ist die Entscheidung der Grünen vom 14.-16.11.2008 mit dem Titel "Grüne für klares Nein zu Studiengebühren", nicht mehr aktuell [2].

Die Verfasste Studierendenschaft am KIT positioniert sich entschieden gegen Studiengebühren in jeglicher Form. Entsprechend fällte am 25.10.2016 das Studierendenparlament folgenden Beschluss: "Die Studierendenschaft des KIT spricht sich gegen jegliche Erhöhung oder Einführung von Studiengebühren aus, darunter fällt auch der sogenannte Verwaltungskostenbeitrag, und fordert eine Offenlegung der Verwendung der bisherigen Gebühren. Der "AK Freie Bildung" wird gegründet um Aktionen und Projekte gegen Studiengebühren durchzuführen. Er vernetzt sich mit den Karlsruher ASten und ist landesweit aktiv, um die Studiengebühren zu verhindern." Damit stehen wir nicht alleine da, viele Studierendenschaften und Dachverbände haben sich schon gegen die Studiengebühren ausgesprochen. Am Ende der Seite findet ihr eine Liste von Veröffentlichungen."

Leider profitieren die Universitäten kaum direkt von den zusätzlich geplanten Gebühren für die Studierenden. Ausschließlich von den Gebühren für internationale Studierende fließt ein Bruchteil von 300 € an die Hochschulen zurück, welche Zweckgebunden sind um „Maßnahmen für die Internationalisierung voranzutreiben und umzusetzen“ [1]. Wenn das Geld also nicht an die Universitäten geht, wohin dann? Grund für die Erhebung von Studiengebühren ist eine Finanzierungslücke von rund 48 Mio. € im Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg für das Jahr 2017. Diese soll teilweise mit den Gebühren für Studierende gefüllt werden. Wie es aber zu dieser Finanzierungslücke gekommen ist, konnte die Fraktion der GRÜNEN auf Anfrage des AStA nicht beantworten. Fakt ist: Wir Studierenden müssen ab 2017 für „nicht vollständig ausfinanzierte Projekte früherer Landesregierungen“ [1] zahlen. Ganz nebenbei rechnet das Präsidium durch die Einführung der Gebühren mit einem gesteigerten Verwaltungsaufwand von ca. 400T € pro Jahr am KIT [3].

Die diskutierten Studiengebühren und vorhandenen Verwaltungskostenbeiträge sind ein Bildungshemmnis egal in welcher Höhe. Gebühren während des Studiums sind absurd. Im Lebensabschnitt, in dem Studierenden die wenigsten finanziellen Mittel zur Verfügung haben, sollen diese Gebühren bezahlen, die noch nicht mal vom BAföG berücksichtigt werden. Besonders für den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg stellt die Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer*innen und auf Zweitstudien ein großer Nachteil da. Gute Universitäten gibt es in ganz Deutschland, wer kommt noch nach Baden-Württemberg, wenn es hier derart hohe zusätzliche Gebühren gibt.

 

Verwaltungskostenbeitrag steigt um 10€

Zusammenfassung: Ab dem Wintersemester 2017/18 soll jede*r Studi 10€ mehr Verwaltungskostenbeitrag zahlen, also dann 70€.

Im Mai 2003 hat der baden-württembergische Landtag einen sogenannten „Verwaltungskostenbeitrag“ in Höhe von 40€ pro Semester beschlossen, die ab den Wintersemester 2003/2004 bezahlt werden mussten. Dieser Beitrag wurde ab dem Sommersemester 2013 auf die jetzigen 60€ erhöht. Jetzt wurde beschlossen, dass dieser nochmals um 10€ erhöht wird, also auf 70€ pro Studierenden pro Semester.

Doch für was bezahlen wir diesen Beitrag und wer bekommt ihn? Dazu reicht ein Blick in den Paragraph 12 des Landeshochschulgebührengesetz (LHGebG) [5]:

„§12 (1) Die Hochschulen erheben für das Land von den Studierenden einen Verwaltungskostenbeitrag; dies gilt nicht für die Hochschulen für den öffentlichen Dienst. Der Verwaltungskostenbeitrag wird erhoben für Leistungen und Leistungsangebote der Einrichtungen zur Verwaltung und Betreuung der Studierenden. Dazu zählen insbesondere die Leistungen und Leistungsangebote in den Bereichen Immatrikulation, Beurlaubung, Exmatrikulation, Studienberatung, Prüfungen (Verwaltung und Organisation), Auslandsämter, Vermittlung von Praktika und Förderung des Übergangs in das Berufsleben.“

Das bedeutet wir bezahlen für Leistungen die unsere Hochschulen erbringen, aber das Geld geht in den Landeshaushalt. Auf Anfrage des AStA am KIT antwortete Alexander Salomon MdL (Grüne) auf die Frage wohin die Mehreinnahmen fließen sehr eindeutig: "Die Mehreinnahmen tragen zur Konsolidierung des Haushaltseinzelplans des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bei und haben folglich ihren Anteil daran, Kürzungen in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Kunst zu vermeiden." [1 ] Oder anders gesagt: Die Studierenden sollen die Haushaltslöcher stopfen, die die Landesregierung selbst zu verantworten hat. Das ist nicht nur ..., sondern vermutlich auch rechtswidrig. Gerade im Hinblick vergangener Gerichtsentscheidungen.

Bereits 1997 wurden von der Landesregierung "Rückmeldegebühren" in Höhe von 100,- Deutsche Mark eingeführt. Diese wurden aber bereits 1998, nach erfolgreichen Klagen,  wieder ausgesetzt.

Im März 2003 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dann sogar entschieden, dass diese Rückmeldegebühren verfassungswidrig waren:

"Die Gebühren waren als Verwaltungsgebühren deklariert und daran sind sie nun auch gescheitert: Das BVerfG erkannte, dass das Entgelt in einem "groben Missverhältnis" zum tatsächlichen Verwaltungsaufwand steht, der mit 8,33 Mark (4,26 Euro) veranschlagt worden war." - studis-online [6]

Leider war dies keine Grundsatzentscheidung, sondern lediglich eine Festellung, dass dieses Gesetz juristisch falsch formuliert war.  Aber die Gerichte sagen ganz klar, dass das Entgelt zum tatsächlichen Verwaltungsaufand veranschlagt werden musss. Und nicht einfach willkürlich festgelegt werden darf. Damit sollte diese willkürliche Erhöhung auch rechtswidrig sein.

 

Studiengebühren für internationale Studis

Zusammenfassung: Nicht-EU-Bürger*innen müssen nach Einführung 1500 € pro Semester bezahlen um in Baden-Württemberg zu studieren. Betroffen sind Studierende, die sich im Wintersemester 2017/18 oder später immatrikulieren. Wer schon vorher eingeschrieben ist, ist für den laufenden Abschluss nicht betroffen.

Ein gekonnter Schachzug, so sind die tatsächlich Betroffenen der Gebühr noch nicht mal hier, wenn diese eingeführt wird. Umso wichtiger ist, dass sich die Studis jetzt gegen diese Gebühren wenden und nicht die künftigen Studis ihrem Schicksal überlassen. Aktuell haben wir ca. 4300 Nicht-EU-Studierende (Durchschnitt aus SS 16 und WS 15/16) [3] Fraglich bleibt, ob diese internationalen Studierenden nach Einführung nicht sowieso in ein anderes Bundesland abwandern. Eine Studie des Bundesministerium für Bildung und Forschung hat gezeigt, wenn nur 30% der internationalen Absolvent*innen 5 Jahre in Deutschland arbeiten, sich die Kosten für die Ausbildung bereits amortisieren [4]. Effekte, wie gute Kontakte von deutschen und internationalen Studis, die später in allen möglichen Unternehmen global arbeiten, werden dabei noch nicht berücksichtigt.

 

Studiengebühren für Zweistudium

Zusammenfassung: Für ein Zweitstudium muss man nach Einführung 650 € pro Semester bezahlen, um in Baden-Württemberg zu studieren. Betroffen sind Studierende, die sich ab dem Wintersemester 2017/18 für ein Zweitstudium einschreiben. Wer schon vorher eingeschrieben ist, ist für den laufenden Abschluss nicht betroffen.
 
Nach Auskunft des KIT würde diese Gebühr allein bei uns ca. 150 Studis betreffen [3]. Auch hier stellt sich die Frage, welcher Studi wird sich nicht doch für ein anderes Bundesland entscheiden, wenn er hier pro Semester mit diesen zusätzlichen Kosten zu rechnen hat. Ganz zu schweigen von der Motivation sich Weiterzubilden, die man mit dieser Gebühr nicht steigert.
Die schon vorhanden Hürden werden noch erhöht, denn Zweitstudierenden steht weder ein KfW-Studienkredit noch ein Stipendium offen (außer ein paar ganz Seltene). Hinzu kommt, dass man die Krankenkasse komplett selbst finanzieren muss, auch wenn man keinen Cent verdient. Studis aus Studiengängen mit hoher Arbeitsbelastung in den ersten Semestern berichteten uns aus ihrer Erfahrung: Es ist aus eigenen Kräften kaum zu schaffen, 650 Euro Studiengebühren zu finanzieren, wenn man nicht einen gigantischen Studenlohn von mind. 25 Euro hat. Ohne ein privates Darlehen und die Geschwisterregelung bliebe vielen das Studium verwehrt, trotz einem Arbeitstag von 14-16 Stunden reine Arbeitszeit(!), für Studium und Nebenjobs, 7 Tage die Woche. Ein Zweitstudium wird so für viele ein unerreichbarer Wunschtraum.

Antworten der Landesregierung

Wir haben einige Fragen zu den Studiengebühren an die Grünen gerichtet. Alexander Salomon MdL - Vorsitzender Arbeitskreis Wissenschaft, Forschung und Kunst - Fraktion Grüne im Landtag Baden Württemberg hat unsere Fragen beantwortet. Die Antworten findet ihr im Anhang [2]. (29.10.2016)

 

Antworten des KIT Präsidiums

Dem KIT Präsidium haben wir Fragen zu den Auswirkungen auf das KIT gestellt. Prof. Alexander Wanner - Vizepräsident für Lehre und akademische Angelegenheiten hat unsere Fragen beantwortet. Die Antworten findet ihr im Anhang [3]. (25.10.2016)
 

Zeitstrahl mit verschiedenen Ereignissen (zuletzt aktualisiert September 2017)

Pressemitteilungen, Positionierungen, Petitionen und Sonstiges

Weitere Veröffentlichungen auch beim Aktionsbündnis gegen Studiengebühren.

 

AK Freie Bildung am KIT

Du hast soweit gelesen? Dann wirds Zeit aktiv zu werden! Komm zum AK Freie Bildung Treffen und organisiere mit uns Aktionen gegen Studiengebühren. Ab Vorlesungsbeginn gibt es wieder ein regelmäßiges wöchentliches Treffen, über info@freie-bildung.de sind wir immer erreichbar.

 
 
 
[1] - Alexander Salomon MdL - Vorsitzender Arbeitskreis Wissenschaft, Forschung und Kunst - Fraktion Grüne im Landtag Baden Württemberg: Antworten auf unsere Fragen von Herrn Salomon
[2] - Grüne - 28. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz 2008: Beschluss: Grüne für klares Nein zu Studiengebühren (In diesem Beschluss begründen die Grünen übrigens selbst, warum Studiengebühren nicht gut sind)
[3] - Prof. Alexander Wanner - Vizepräsident für Lehre und akademische Angelegenheiten: Antworten auf unsere Fragen von Herrn Prof. Wanner
[4] - Bundesministerium für Bildung und Forschung: Ausländische Studierende - ein Gewinn für Deutschland 
[6] - studis-online.de: Rückmeldegebühren in BaWü sind verfassungswidrig (19.03.2003)