2 % Wahlbeteiligung Studierende setzen Zeichen gegen fehlende Interessenvertretung
Am 8. Juli 2010 fanden an den Fakultäten des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) die Wahlen zum Fakultätsrat statt. Bei der Wahl werden nach dem Landeshochschulgesetz (LHG) auch die offiziellen Fachschaften der Fakultäten gewählt. Diese bestehen aus jeweils 6 Studierenden und dürfen sich nur zu geistigen, musischen und sportlichen Belangen äußern. Eine politische Interessenvertretung ist nicht
vorgesehen.
Der Unabhängige Studierendenausschuss (UStA) als Vorstand der Unabhängigen Studierendenschaft setzt sich seit mehr als 30 Jahren für die Wiedereinführung einer Verfassten Studierendenschaft ein, welche die Studierenden in allen Belangen vertreten darf. Die Unabhängige Studierendenschaft rief deshalb zum Boykott der Wahl auf, um der Unzufriedenheit mit der momentanen Situation Ausdruck zu verleihen.
Von den fast 19.000 wahlberechtigten Studierenden wählten daraufhin am gesamten KIT nicht einmal 400 Studierende eine Wahlbeteiligung von gerade einmal 2 %. An manchen Fakultäten nahmen nicht einmal ein halbes Prozent an der Wahl teil. Dass die Studierenden allerdings durchaus an einer Studierendenvertretung interessiert sind, zeigt sich an den Ergebnissen der vom UStA organisierten unabhängigen Wahlen im
Januar diesen Jahres: Hier gingen fast 23 % der Studierenden zur Wahl, um ihre Fachschaftssprecher und das Studierendenparlament in der unabhängigen Studierendenvertretung zu wählen. In einzelnen Studiengängen wurden Wahlbeteiligungen von über 40 % erzielt.
"Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die Studierenden sich eine echte Vertretung in allen Bereichen des studentischen Lebens wünschen. Seit über 30 Jahren fordern wir die Wiedereinführung einer Verfassten Studierendenschaft, welche auch in politischen und sozialen Bereichen für die Studierenden sprechen darf. Die Landesregierung darf diese Forderungen nicht mehr einfach ignorieren.", so Benjamin Kobrinski, Innenreferent des UStA und Fachschaftssprecher der Fachschaft Mathematik.
Die Verfasste Studierendenschaft wurde in BadenWürttemberg 1977 auf Bestreben der CDUgeführten Landesregierung unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung abgeschafft. Daraufhin wurden die bestehenden Strukturen von engagierten Studierenden in ein unabhängiges Modell überführt. Dieses übernimmt seitdem die Interessenvertretung der Studierenden gegenüber Hochschule, Politik und Gesellschaft. Das unabhängige Modell in Karlsruhe ist analog zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland organisiert, mit einem ZweiKammernParlament, einer Exekutive und einem Ältestenrat, der Beschlüsse der anderen Organe überprüft.