Erik Wohlfeil (Piraten)
0. Kurzvorstellung Erik Wohlfeil
Hallo liebe Mit-Studis. Mein Name ist Erik Wohlfeil und ich bin 24 Jahre alt. Ich studiere am KIT Mathematik und Physik auf Lehramt (für Gymnasien). 2014 wurde ich von den Karlsruher*innen in den Gemeinderat gewählt, was seitdem neben dem Studium einen großen Teil meiner Zeit in Anspruch nimmt. Dort bin ich mittlerweile stellvertretender Fraktionsvorsitzender der KULT-Fraktion, gebildet von den Stadträten der Piratenpartei, der Karlsruher Liste und der Partei DIE PARTEI. Zusätzlich war und bin ich auch ehrenamtlich in der Studierendenschaft aktiv: ehemaliges Studierendenparlamentsmitglied und zeitweise auch in dessen Präsidium, Gründungsmitglied der Hochschulgruppe Lehramt@KIT, ehemals Senatskommission für Fragen der Lehrerausbildung, etwas Fachschaftaktivität, uvwm. – neuerdings AStA-Arbeitskreis Fahrradcampus. Ich setze mich als Student und als angehender Lehrer besonders für eine moderne Bildungspolitik ein.
1. Persönliche politische Schwerpunkte und Ziele
Als Karlsruher Stadtrat habe ich meine Schwerpunkte in der Haushaltspolitik, dem Umwelt- und Naturschutz, der Karlsruher Verkehrspolitik, der städtischen Schulpolitik und außerschulischen Bildungspolitik (z.B. in der Volkshochschule und Vereinen). Auf Landesebene würde ich meinen Schwerpunkt im staatlichen Bildungsbereich setzen, also der Hochschulpolitik und/oder Schulpolitik. Mir ist es wichtig, zum Lernen und Lehren endlich das ganze Potential moderner Medien und Technik zu nutzen. Auch aus Wirtschaftsperspektive müssen Baden-Württemberg, Deutschland und Europa mehr dafür tun, technologisch nicht abgehängt zu werden. Ebenso sollten wir – u.a. mit technischen Mitteln – die demokratische Ausgestaltung und Kontrolle unseres Landes verbessern: durch mehr Transparenz in der Politik, Nachbesserungen beim Informationsfreiheitsgesetz und Maßnahmen wie eine individuelle Kennzeichnung von Polizist*innen. Ich will nicht nur „Industrie 4.0“, sondern „Gesellschaft 4.0“.
2. Was halten Sie von der Einführung eines landesweiten Semestertickets für Studierende? Wären Sie im Falle eines hohen Preises für ein landesweites Semesterticket bereit, dieses aus Landesgeldern zu subventionieren?
Es stellt sich vor allem die Frage nach dem Preis-Leistungsverhältnis bei verschiedenen denkbaren Tarifmodellen. Mit dem Thema setzt sich seit mehreren Jahren der Arbeitskreis Semesterticket der Landesstudierendenvertretung (LaStuVe) auseinander. Wenn die LaStuVe bzw. deren Hauptorgan, die Landes-ASten-Konferenz (LAK), ein Modell finden, das von Ihnen gewünscht ist und das auch für die Verkehrsverbünde realisierbar ist, befürworte ich dieses natürlich. In Absprache mit dem Verkehrsministerium wird derzeit ein Vollsolidarmodell priorisiert, über das es 2016 eine landesweite Urabstimmung der Studierenden geben soll. Die bisherige Linie des Landes bzw. der Landesregierung sollte allein schon der Verlässlichkeit wegen auch nach der Wahl fortgesetzt werden. Siehe auch: http://www.studis.de/lak-bawue/index.php?id=29 (AK Semesterticket) sowie unter http://www.studis.de/lak-bawue/index.php?id=7 die Protokolle vom 08.11.2015 und vom 13.12.2015.
3. Werden Sie sich dafür einsetzen Landesgrundstücke für den Wohnheimsbau in Karlsruhe bereit zu stellen?
Ja. Und natürlich möglichst schnell und möglichst hochschulnah gelegen. Die Realisierung wird sich aber als schwierig erweisen. Die Stadt Karlsruhe muss das Planungsrechts für diese Flächen beschließen (Flächennutzungspläne). Dem stehen teils der Schutzstatus der Flächen oder der darauf vorhandenen Gebäuden entgegnen: Landschaftsschutzgebiete, Denkmalschutz, Schutz durch das Landeswaldgesetz, diverse naturschutzrechtliche Vorgaben. Bei all diesen Fragen muss das Regierungspräsidium Karlsruhe als Rechtsaufsichtsbehörde der Stadt Karlsruhe zustimmen. Beim „Bereitstellen“ (Verkauf, Erbpacht, Pacht, …) an einen Bauträger, wie z.B. das Studierendenwerk Karlsruhe, müssen diverse rechtliche Vorgaben penibel eingehalten werden, die es zur Verhinderung von Vetternwirtschaft und willkürlicher Bevorzugung gibt. Dann erst wird der eigentliche Bau geplant. Insgesamt werden zwischen der Initiative zum Wohnheimsbau und der Umsetzung mehrere Jahre vergehen. Schneller geht es leider nicht.
4. Wie wollen Sie das Selbstbestimmungsrecht der Verfassten Studierendenschaft erhalten oder stärken?
Insgesamt gab es in der vergangenen Legislaturperiode mit der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft (VS) hier einen großen, richtigen Schritt. Ich will das Selbstbestimmungsrecht der VS erhalten, indem es nicht durch Gesetzesänderungen wieder eingeschränkt wird, wie (u.a.) die CDU es vorsieht. Ich befürworte es, über Änderungen des Landeshochschulgesetzes (LHG) und des KIT-Gesetzes den Studierenden weitere Mitbestimmungsrechte einzuräumen sowie ihre zahlenmäßige Vertretung in den Hochschulgremien zu erhöhen. Eine Wiederabschaffung der Höchststudiendauern könnte auch helfen, da durch sie den Studierenden bewusst Stress und Zeitdruck gemacht werden, die davon abhalten, sich neben dem Studium ehrenamtlich zu engagieren. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob eine Höchststudiendauerabschaffung über die Landesgesetzgebung möglich ist.
5. Wie soll der Rückstau bei Sanierungs- und Baumaßnahmen am KIT in Anbetracht stark gestiegener Studierendenzahlen aufgelöst werden?
Das Flächenproblem des KIT liegt am kommunalpolitischen Flächenproblem der Stadt Karlsruhe. Dafür gibt es leider keine einfachen Lösungen. An einem Versagen der Landespolitik (z.B. keine finanziellen Mittel zum Bauen und Sanieren) liegt es hier nicht. Mehrere Baumaßnahmen am KIT laufen gerade. Die Stadt Karlsruhe hat gerade erst durch den Bebauungsplan KIT Campus Süd/Adenauerring die rechtliche Grundlage für weitere zukünftige Baumaßnahmen geschaffen. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg, das Problem zu entschärfen. Allerdings könnte durch den geplanten Um-/Neubau des Wildparkstadions das KIT in den nächsten Jahren Sportflächen verlieren, die an anderer Stelle neu geschaffen werden müssen.
Einen weiteren deutlichen Anstieg der Studierendenzahlen und damit eine neue Verschärfung des Problems wird es nicht geben. (Begründung passt nicht ins Zeilenkontingent.)
6. Wie stellen Sie sich die Kooperation zwischen dem Bund und dem Land Baden-Württemberg in Bezug auf das KIT vor?
Beide, Bund und Land, geben dem KIT 20% mehr Geld für alles außer Militärforschung. Spaß beiseite: an der bisherigen Kooperation wird sich wenig ändern und ich sehe auch keinen akuten Bedarf dazu (abgesehen davon, eine echte Zivilklausel einzuführen). Das KIT wird als Teil der Helmholtzgemeinschaft teils vom Bund finanziert und als Universität teils vom Land finanziert (plus Drittmittel plus diverse Förderprojekte von Bund oder Land oder Bund und Land).
7. Wie setzen Sie sich für eine bessere Finanzierung von Hochschullehre und -forschung in Baden-Württemberg ein?
Die Finanzmittel Baden-Württembergs sind begrenzt. Ich kann jetzt entweder (voraussichtlich nicht-durchsetzbare) Einsparungen in anderen Bereichen der Landespolitik vorschlagen, die mehr Geld für Hochschulen gegenfinanzieren würden. Oder ich verspreche Blaues vom Himmel wie mehr Geld vom Bund oder von der EU oder, dass mehr Drittmittel eingeworben werden können. Tatsache ist: pauschal mehr Geld zu versprechen – unbegründet oder über einen der oben genannten Wege – wäre unseriös. Insbesondere angesichts der Schuldenbremse des Bundes und der Länder ist davon auszugehen, dass die Finanzierung auf dem heutigen Niveau stagniert und nur gemäß der Inflation und etwaiger Tariferhöhungen steigt.
8. Wie werden die Mittel aus dem Hochschulfinanzierungsbegleitgesetz nach 2020 weitergeführt?
Ich hoffe, ihr habt Verständnis dafür, dass ich mich mit dieser Frage bisher nicht auseinandergesetzt habe, da ich noch nicht beruflich in der Landespolitik aktiv bin (und mich auch über meine ehrenamtlichen Tätigkeiten bisher nicht mit dieser Frage auseinandersetzen musste).
9. Wie wollen Sie die Chancengleicheit an Hochschulen in Baden-Württemberg verbessern?
- Über eine technische Implementierung der Bewerbungsverfahren als anonyme Bewerbungsverfahren, so, dass kein Verwaltungsmehraufwand – sondern ein Minderaufwand – im Vergleich zur Ist-Situation entsteht. Der Verwaltungsmehraufwand ist bisher der wesentliche Kritikpunkt an anonymen Bewerbungsverfahren. Anonyme Bewerbungsverfahren haben den Vorteil, dass unsachliche Kriterien von vorneherein ausgeklammert werden und daher bewusste und unbewusste Vorurteile bei Personalentscheidungen keine Rolle mehr spielen. Es zählt wirklich allein die sachliche Qualifikation. Für den wissenschaftlichen Betrieb und die Verwaltung geht dies problemlos. Leider ist es aber gerade für Führungspositionen nur teilwese anwendbar, da sogenannte soft skills und persönliche Kompetenzen kaum in Qualifikationen objektiv festgehalten werden können. - Lehrende müssen weiterhin für das Thema sensibilisiert werden. - Die bisher vorhandenen Regelungen zur Chancengleichheit gelten weiterhin.
10. Welche Probleme stehen für Sie beim Hochschulzugang im Vordergrund und wie wollen Sie diese lösen?
- In einigen Studiengängen werden grundsätzliche alle Bewerber*innen angenommen und dann wird im Grundstudium stark ausgesiebt. Das frustriert und kostet die Ausgesiebten ein bis zwei Jahre ihres Lebens sowie den Status des Erststudiums (wichtig z.B. fürs BAföG). Auch der Abischnitt ist meist wenig aussagekräftig für die Eignung für ein bestimmtes Studium. Daher sollte stärker mit fachspezifischen Zulassungstests gearbeitet werden. Diese sollten stärker Fähigkeiten als Wissen prüfen. - Digitale Medien in der Lehre flächendeckend stärker zu nutzen ermöglicht es, den Studienerfolg stärker von dem Engagement und der Eigeninitiative der Studierenden abhängig zu machen und gleicht organisatorische Nachteile einzelner aus (weite Pendelwege, Terminüberschneidungen, …). - Finanzielle Unmöglichkeit eines Studium → Bundespolitik: BAföG-Papierkrieg beenden, einfach beantragbares BAföG für alle, Deutschlandstipendium wieder abschaffen. - …
11. Wie wollen Sie die Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge in Baden-Württemberg verbessern? Wie wollen Sie deren Zugang zu Bildung vereinfachen?
Bzgl. der Versorgung wäre es ein großer Rückschritt und enormer, nicht zu bewältigender Verwaltungsmehraufwand, von Geld- auf Sachleistungen umzusteigen (noch so eine CDU-Schnapsidee). Zur Verbesserung der Unterbringung wäre beispielsweise denkbar: - die private, dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen (mit anerkanntem Aufenthaltsstatus) zu vereinfachen; - länger leerstehende Wohnungen zur Flüchtlingsunterbringung zu beschlagnahmen, bei denen sich der Eigentümer nicht ernsthaft darum bemüht, den Leerstand zu beenden. Für einen besseren Zugang zu Bildung ist die wichtigste Maßnahme, dass alle hier Ankommenden SOFORT die Möglichkeit haben, an Deutschkursen teilzunehmen und nicht erst wegen rechtlicher Hürden Monate lang darauf warten müssen.