Studieren mit Kind?: Familiengerechte Hochschule?

Autor*in: 
Victoria Schemenz
Studieren mit Kind Pinnwand

B ekommt man Mails von Mit- arbeitern am KIT steht un- ten in der Signatur neben dem „KIT-Slogan“ auch das Logo zum „audit – Familiengerechte Hochschule“. Welche Assoziation habt ihr, wenn ihr das lest? Das die Uni, die mit solch einem Logo wirbt besonders kindergerecht ist? Sich für Mitarbeiter UND Studierende mit Kind(ern) einsetzt?

Tja, das ist leider alles nur bedingt der Fall. Im Audit wird zunächst der Istzustand erhoben und darauf aufbauend eine Bedarfsanalyse er- stellt. Hiernach werden konkrete Maßnahmen und Ziele in einer ge- meinsamen Zielvereinbarung fest- gehalten. Es heißt also erstmal nur, dass man das Ziel hat eine familien- gerechte Hochschule zu werden.

Liest man sich nun aber die Zielvereinbarung von 2010 durch, so fragt man sich an manchen Stellen, war- um das Zertifikat bereits zum zwei- ten Mal bis 2020 verlängert wurde. Denn insbesondere im Bereich „Studierende mit Kind“ scheint sich seitdem kaum etwas geändert zu haben. Schauen wir uns mal Ziel 8.8 an: „Die Betreuung der Kinder von Studierenden wird verbessert.“ Hierfür sollten bis zum ersten Be- richt alternative Räumlichkeiten zur sogenannten Kinderkiste auf dem Campus Süd identifiziert und eine Kinderbetreuung etabliert werden. Andernfalls sollte diese zumindest verbessert werden. D.h. umzäunt und zumindest stunden- weise eine Erzieherin eingestellt werden.

Wie sieht es heute aus? Die Kinder- kiste steht noch am selben Platz und hat schöne neue Möbel bekom- men. Allerdings darf sie nicht mehr benutzt werden, Wasser dringt ein und es riecht stark nach Schimmel. Dort möchte man mit seinen Kin- dern nicht (mehr) hin! Zeitweise lagerten dort Reinigungsmaschinen vom KIT und Technik vom Unifest.

Währenddessen sind die Kindergär- ten vom Studierendenwerk in der normalen Platzvergabe der Stadt angemeldet, weshalb Studierende erstmal Rabatz machen müssen, um einen Platz für ihr Kind neben den normalen Arbeitnehmern zu bekommen. Die anderen müssen halt schauen, wo sie bleiben. Denn das Kinderuniversum ist nur für die Kinder von Mitarbeitenden. Studie- rende können dort nur im Notfall einen Platz in Anspruch nehmen, beispielsweise wenn die Kitas des Studierendenwerks geschlossen haben - so wie in dieser Lern- und Prüfungsphase. Allerdings werden die Kosten hierfür dann immer- hin vom AStA übernommen. Der Grund für diesen Umstand ist von Seiten des KIT ganz einfach; die Uni darf nicht einfach so Aufgaben des Studierendenwerks übernehmen.

Warum ist das Thema Betreuung so wichtig? Am KIT gibt es nur die Möglichkeit eines Vollzeitstudi- ums. Man muss Vorlesungen be- suchen, Übungen rechnen, Haus- arbeiten schreiben, auf Prüfungen lernen und nebenbei noch ein Kind beschäftigen, das meist volle Auf- merksamkeit verlangt. Nicht jeder hat Partner, Eltern oder Großel- tern in der Nähe und so ist man auf einen Kitaplatz in der Nähe der Uni angewiesen.

Auch mit Betreuungsplatz wird man immer wieder auf Probleme stoßen, man hat weniger Freizeit als die Kommilitonen und das Kind hält sich nicht an die Planungen, die man gemacht hat. Für Eltern- studierende sind also Flexibilität, Durchhaltevermögen, Multitasking und Disziplin noch wichtiger als für den gemeinen Studierenden.

Merkt man, dass die gesamte Pla- nung des Semesters durch Krank- heit des Kindes, Schlafmangel oder ähnliches flöten gegangen ist, sollte sich nicht scheuen, direkt Hilfe zu suchen. Neben offiziel- len Nachteilsausgleichen, sind die Professoren bei begründeten Aus- nahmefällen (und wenn man früh genug mit ihnen redet) meist sehr kompromissbereit bei der Anzahl nötiger Übungsaufgaben, Abgabeterminen oder dem Erstversuch bei der Nachklausur.

Soll man also lieber kein Kind wäh- rend des Studiums bekommen? Oder als Elternstudierende das KIT meiden? Jein, sicher gibt es noch großes Verbesserungspotential. Aber das Thema Studieren mit Kind ist auf Initiative der Fachschaft Physik und des AStA wieder stärker in den Fokus des KIT gerückt. Au- ßerdem gibt es auch ein paar Grün- de, die für die Familiengründung in der Phase des Studiums sprechen:

Während des Studiums ist man vergleichsweise flexibel in seiner Zeiteinteilung; man kann ein Ur- laubssemester einlegen, Prüfun- gen verschieben und muss nicht unbedingt bei jeder Vorlesung an- wesend sein. Im Job ist es heute zumeist immer noch notwendig vollständig anwesend zu sein und sei es nur aufgrund diverser Meetings.

Für Elternstudierende gibt es zu- dem diverse Möglichkeiten der finanziellen Förderung: Den Kinder- zuschlag beim BAföG, staatliche Fonds und auch universitätsspezifi- sche Förderungen von denen viele nichts wissen. Hierfür sind zur Zeit noch intensive Nachforschungen nötig, da es (am KIT) keine zentra- le Beratungsstelle gibt – ein Grund warum wir dieses Artikelreihe ins Leben gerufen haben.

Legt man die Familiengründung in die Zeit des Studiums, so sind die Kinder zum Berufseinstieg bereits etwas älter, was die Chancen für eine Stelle erhöht. Den perfekten Zeitpunkt gibt es eh nicht. Die Aus- bildungszeit verlängert sich, dann möchte frau erstmal im Beruf an- kommen, etwas Karriere machen und dann Kinder bekommen? Da kann es schon eng werden, sobald mehr als ein Kind geplant ist.

Nicht zu vernachlässigen ist auch der Umstand, dass Kinder an der Uni viele Spielkameraden finden, denn Studis sind doch nichts an- deres als große Kinder und das KIT ein riesiger Spielplatz.

Wie das Studium mit Kind am KIT klappen kann, zeigen wir in den nächsten Ausgaben des Ventils mit Hilfe von Interviews von Elternstu- dierenden, Verantwortlichen und Beratenden am KIT sowie allgemei- nen Informationen zum Thema.

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